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Die Ärzte: So denken sie heute über “Geschwisterliebe”!

Vor genau 35 Jahren landete der Song auf dem Index - weil sie “die Wucht dieses Inzest-Themas einfach völlig unterschätzt” hatten.

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Heute (27. Januar) jährt sich zum 35. mal jener Tag, an dem der Ärzte Song “Geschwisterliebe” indiziert wurde. Anlässlich dieses Jubiläums haben sich Farin Urlaub und Bela B in der “RNZ” dazu geäußert, wie sie heute zu dem Song und dem Thema Indizierung stehen. Indiziert ist der Song, in dem es um Sex zwischen Bruder und Schwester geht, bis heute. Dass es überhaupt soweit kommen würde, hat Farin Urlaub laut eigenen Aussagen nie kommen sehen:

Die CBS, unsere damalige Plattenfirma, hatte nichts dagegen. Wir haben die Wucht dieses Inzest-Themas einfach völlig unterschätzt und auch nicht darauf spekuliert nach dem Motto "Punk kann und darf das" und nur Spießer regen sich auf. So was wie Indizierungen kannten wir gar nicht, außer von irgendwelchen Gewalthorrorfilmen.

Er sei bis heute der Meinung, dass es bei der Indizierung lediglich darum gegangen sei, ein Exempel an ihnen zu statuieren. Bela B stimmt seinem Kollegen zu, gesteht gleichzeitig aber auch, dass er sich damals über die Aufregung um den Song gefreut hat, weil das eben das Bild von Punkrock gewesen sei. Ein Mitarbeiter der Plattenfirma habe ihn aber mal zur Seite genommen und ihm erklärt, warum er den Song daneben fände und dass er ihn niemals seiner Tochter vorspielen würde. 

Die Ärzte - Geschwisterliebe
Die Ärzte - Geschwisterliebe

Der Fakt, dass sich viele Plattenläden nach der Indizierung dazu entschieden hätten, überhaupt keine Alben der Ärzte mehr zu verkaufen und auch haufenweise ihrer Konzerte gecancelt wurden, habe der Band zwar wirtschaftlich geschadet, Image technisch aber gut getan, wie Urlaub erklärt:

Wir waren etwa ein dreiviertel Jahr lang nahezu ohne Einkommen – die Gema zahlte glücklicherweise noch weiter. Die Auflösung der Band wurde schon diskutiert, aber so einfach wollten wir uns nicht geschlagen geben – das Böse siegt immer?! Dann allerdings drehte sich die ganze Geschichte um, und wir wurden plötzlich zu verruchten Helden stilisiert. Das war Wind auf unsere jungen Punker-Fahnen!

Nach der Indizierung hätte sich die Art und Weise verändert, wie die Band provozieren wollte - nämlich immer knapp an Geschmacksgrenzen und strafrechtlicher Relevanz entlang. Es sei der Gruppe vielmehr darum gegangen Tabus zu brechen. Auch wenn Bela B der Meinung ist, dass Kunst grundsätzlich “erst mal so gut wie alles können” müsse, hat Urlaub unter bestimmten Voraussetzungen Verständnis dafür, wenn Musik indiziert würde:

Aufforderung zu Gewalt oder Schüren von Hass gegen bestimmte Personengruppen – oft Hand in Hand gehend mit Entmenschlichung – sollte meines Erachtens grundsätzlich in einer liberalen Gesellschaft nichts verloren haben. Und in der Kunst noch weniger.